Warum die Lieferengpässe ein Segen sind

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Die Pandemie war nicht der Grund für die weltweiten Lieferengpässe – Covid war nur der Auslöser. Die Gründe liegen im Missmanagement und bei einer Wirtschaft, die nicht auf Störungen ausgelegt ist. 

Jeder in der Logistikindustrie kennt die Auswirkungen von Just-in-Time-Manufacturing. „Wenn wir heute nicht Produkt A nach B schaffen, müssen Sie eine Produktionslinie stilllegen“ ist ein Satz, der nicht selten fällt. 

Doch was ist der Gedanke hinter dem von Toyota erfundenen Just-in-Time-Manufacturing, und warum ist ausgerechnet Toyota der Autohersteller mit den geringsten Lieferschwierigkeiten? Toyota erfand, aus dem Drang, mit US-amerikanischen Autoherstellern mithalten zu können, Just-in-Time-Manufacturing. Just in Time hat als Ziel, überschüssiges Inventar zu minimieren. Damit Kosten zu senken, Reaktionszeit auf den Markt zu verkürzen und Profit zu maximieren. Dieses Konzept war so erfolgreich, dass es sich sehr schnell auf die gesamte produzierende Industrie ausgebreitet hat. Dabei ist aber nicht jede Lieferkette gleich. Das musste Toyota selbst im Rahmen der Tsunamis 2011 lernen, als sich schnell und leicht Alternativen für Polymere finden ließen, aber nicht für komplexe Mikrochips.

Daraus lernte Toyota und legte für bestimmte Komponenten wieder mehr Inventar an, um Krisen abzufedern. Damit waren sie jedoch so gut wie allein und sind daher eins der wenigen Unternehmen mit deutlich weniger Lieferschwierigkeiten. Der Rest der Welt, Hersteller der Automobilindustrie, Unterhaltungselektronik und anderer Branchen, blieb beim profitmaximierenden System, das so nah wie möglich an der Grenze gebaut ist.

Beispiel Mikrochips

Durch den enormen Anstieg an Nachfrage für Unterhaltungselektronik und den überraschend geringen Einbruch an Nachfrage für Autos und andere Produkte entstand eine grundsätzliche Knappheit an Mikrochips. Diese wurde noch verstärkt durch den 50-%-Anstieg an Containerumsatz im Jahr 2020, der zu großen Verzögerungen an den Häfen der Welt sorgte.

Das sorgte für den unvermeidlichen Kollaps der Lieferketten. Jedes Unternehmen, das keine Reserven für Mikrochips angelegt hatte, geriet sehr schnell in Schwierigkeiten, die Produktion aufrechtzuerhalten. So sind wir am heutigen Punkt angelangt, wo sich Preise für Grafikkarten verdreifachen, Lieferzeiten für Autos bis zu 14 Monate betragen und es unmöglich ist, die neueste Spielekonsole zu erwerben.

Es ist abzusehen, dass es ein weltweit besseres Verständnis für resiliente Lieferketten und langfristiges Erfolgsdenken geben wird. In den meisten Firmen wurde durch die Profitmaximierung für Börsenkurse und Aktionäre bisher keine Umgebung geschaffen, die für ein solches Denken förderlich ist.

Das ist der Segen, den uns die Lieferengpässe gebracht haben: Sie zeigen uns, wo ein dringendes Umdenken notwendig ist, um diese Situationen in der Zukunft zu vermeiden.